Die Wiener Linien verteuern massiv ihre Tickets. Gleichzeitig betreiben sie im 20. Bezirk eine Straßenbahnlinie, die niemand braucht.
Text: Bernhard Odehnal

„Die alten Dinger müssen ja auch mal an die frische Luft“, sagt der Fahrer. Es klingt fast wie eine Entschuldigung, dass er eine Straßenbahn aus den 1980er Jahren mit hohen Einstiegsstufen fährt. So wie sie eigentlich im Wiener Straßenbahnnetz schon lange nicht mehr eingesetzt werden sollten. Denn laut dem Behindertengleichstellungsgesetzt müssten seit 2016 öffentliche Verkehrsmittel barrierefrei zugänglich sein.
Fünf Fahrgäste im Zug
Die alten Trams sind aber immer noch da. Besser gesagt: In der Brigittenau sind sie wieder da. Nämlich auf der Linie 33. Unser Zug fährt jetzt durch die Jägerstraße Richtung Friedensbrücke und ist fast leer. Drei Fahrgäste sitzen im vorderen Wagen, zwei weitere im Beiwagen. Und das zur Hauptverkehrszeit am späten Nachmittag. Überraschend ist das nicht: Nur eine Minute zuvor fuhr ein Niederflurzug der Linie 12 dieselbe Strecke. Beide Züge sind pünktlich nach Fahrplan unterwegs.
Seit dem ersten September fährt die neue Linie 12 fast auf derselben Strecke, die zuvor der 33er fuhr: Vom Höchstädtplatz über Jägerstraße, Wallensteinstraße und Friedensbrücke bis zur U-Bahn-Station Josefstädterstraße: Eine wichtige, aber nicht gerade übermäßig stark frequentierte Verbindung. Trotzdem wurde die Linie 33 nicht eingestellt, sondern nur verkürzt. Sie fährt nun zwischen Friedrich-Engels-Platz und Augasse im 9. Bezirk.
Das Ergebnis ist für Wien durchaus überraschend: In der Brigittenau herrscht nun mit den Linien 2, 5, 12, 31 und 33 ein Straßenbahn-Überangebot. In den meisten Haltestellen halten jetzt mindestens zwei Linien. Der 33er fährt meistens sehr leer durch den Bezirk.
Hohes Defizit, teure Jahreskarte
In einer Stadt mit einem Budgetüberschuss wäre das kein Problem. Doch Wien muss sparen, auch beim öffentlichen Verkehr. Laut dem Nachrichtenmagazin „Profil“ verdreifachte sich im vergangenen Jahr der Verlust der Wiener Linien von 102 auf 378 Millionen Euro. Auch das ist wohl ein Grund, weshalb die Jahreskarte von 365 auf 467 Euro verteuert wird.
Kann sich die Stadt in diesen Zeiten den Betrieb einer offensichtlich nicht gebrauchten Bimlinie leisten? Die Entscheidung, die Linie 33 weiter zu betreiben, soll auf politischen Wunsch aus der Brigittenau gefallen sein, wie “Zwischenbrücken” von mehreren Quellen erfuhr. Dass die Wiener Linien damit nicht glücklich sind, sagen sie zwar nicht. Sie zeigen es aber deutlich: Die Intervalle des 33er wurden auf 15 Minuten unter der Woche und 20 Minuten am Wochenende gestreckt. Seit Anfang September werden auf der Linie nur mehr die 40 Jahre alten Hochflur-Züge eingesetzt.
Kosten bleiben geheim
Wie viel der Betrieb der Linie 33 jährlich kostet, wollen die Wiener Linien nicht verraten: Betriebsgeheimnis. Wenn man die Anzahl der Züge mit durchschnittlichen Lohnkosten für die Fahrerinnen und Fahrer multipliziert, kommt man auf eine hohe sechsstellige Summe pro Jahr. Bei einem dreistelligen Millionendefizit fällt das kaum ins Gewicht. Dennoch bleibt die Frage: Kann sich die Stadt eine Geisterbim leisten?
Die Brigittenauer Bezirksvorsteherin Christine Dubravac-Widholm würde sich sehr über ein Fortführen der Linie 33 freuen, teil sie „Zwischenbrücken“ über ihren Pressesprecher mit. Sie hege aber „große Zweifel an der Erfüllung ihres Wunsches“.
Bernhard Odehnal lernte Journalismus bei der Stadtzeitung „Falter“ und war danach als Korrespondent und Reporter für österreichische und Schweizer Medien tätig. 2025 kehrt er mit der Gründung von „Zwischenbrücken“ in den Lokaljournalismus zurück. Er lebt in der Leopoldstadt.





 
					
Na ja wenn die Jahreskarte eh schon teuerer wird dann will ich auch einen freien Sitzplatz haben.