Die NEOS wollen den beliebten Markt in der Brigittenau schicker machen – mit Begrünung, Aufenthaltsflächen und Bio-Angeboten. Die KPÖ warnt vor Verdrängung und steigenden Preisen.
Text: Naz Küçüktekin

Die Musik aus den Lautsprechern, aufgestellt zur Langen Nacht der Märkte, ist so laut, dass sie fast alles andere übertönt. Immer wieder dröhnt aus den Boxen eines DJs der Refrain von Gloria Gaynors „I Will Survive“ über den Platz. Ganz unpassend ist die Botschaft ja nicht.
Denn an diesem Abend geht es auch um die Frage, wie der Hannovermarkt überleben und weiterbestehen soll – zumindest wenn es nach den NEOS geht. Sie nutzen die Veranstaltung, um ihre Vision für den Brigittenauer Markt vorzustellen. Mit dabei ist Selma Arapović, Klubchefin und NEOS-Spitzenkandidatin bei den vergangenen Bezirksvertretungswahlen im 20. Bezirk.
Kletterpflanzen und Wasserspiel
Ihre Vorschläge: überdachte Flächen, damit es auch bei Regen angenehm bleibt. Kletterpflanzen, ein Café für „entspannte Atmosphäre“, neue Bäume, ein Wasserspiel für Kinder, mehr Platz für Veranstaltungen. Auf den Renderings bieten die Marktstände „Käsespezialitäten” und „Weiderind” an. Der Markt soll also schicker und hipper werden. „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit“, lautet der Slogan.
Grundlage für die Vision ist eine Umfrage der Partei mit 427 Teilnehmenden: 221 Anrainer:innen, 289 Kund:innen und acht Standbetreiber:innen. 87 Prozent gaben an, hier Lebensmittel einzukaufen, knapp 70 Prozent sind mit dem Angebot zufrieden – 38 Prozent wünschen sich jedoch mehr Auswahl. Laut NEOS zeigt die Befragung außerdem: Fast die Hälfte hält die Parksituation für unzumutbar, 43 Prozent ärgern sich über fehlende Radabstellplätze. 59 Prozent sehen ein Problem bei Hygiene und Sauberkeit, die Hälfte wünscht sich mehr Grünflächen, 39 Prozent zusätzliche Sitzgelegenheiten.

Die KPÖ Brigittenau wiederum sieht in der pinken Vision eine „Zerstörung“ des Marktes. Ihre Sorge: dass günstige Grundversorgung durch „hippe“ Angebote verdrängt wird. „Von anderen Märkten wie dem Meidlingermarkt oder dem Karmelitermarkt wissen wir zudem, dass nicht nur die Preise am Markt durch die pseudo-Attraktivierung steigen, sondern auch die Mieten in der Umgebung langfristig in die Höhe schießen“, sagt der kommunistische Bezirksrat Matthias Kaltenböck, der an diesem Abend mit Parteikolleg:innen ebenfalls vor Ort ist: „Im Bezirksprogramm 2025 der NEOS steht auch, dass der Parkplatz direkt am Markt für die Umgestaltung geopfert werden soll”, weist er etwa hin.
Wunsch nach mehr Parkplätze
Tatsächlich ist im Programm vom „Wegfall der Parkplätze im Bereich des Wochenmarkts“ die Rede – samt „Kompensationen durch zusätzliche Begrünung, einen attraktiven Aufenthaltsraum und eine bessere Anbindung an den öffentlichen Verkehr.“
Gerade bei den Standlern dürfte genau das aber wohl nicht so gut ankommen. Mehr Parkplätze in der Nähe, wo man 30 oder 60 Minuten stehen kann, ist nämlich einer der Forderungen, die Zwischnebrücken auf Nachfrage mehrmals als Antwort bekommt. Auch ein Dach über den Gängen sei dringend notwendig: „Im Winter schrecken Kälte und Regen die Kund:innen ab.“

Mehrere Verkäufer:innen betonen, dass die Menschen vor allem wegen der Preise kommen: „Wenn’s teurer wird, kaufen sie woanders.“ Der Betreiber eines Cafés wiederum hofft schlicht, dass endlich die Toiletten erneuert werden: „Alles andere passt schon.“
Die Stimmen vom Markt klingen damit weit pragmatischer als die Pläne der NEOS. „Ein konkretes Konzept haben wir nicht”, betont Arapović allerdings gegenüber Zwischenbrücken. Mit ihrer Vision wollten sie vielmehr einen Anstoß geben und das Thema in den politischen Diskurs bringen. Und diskutiert wurde auf dem Hannovermarkt an diesem Abend tatsächlich. Auch wenn so manches Gespräch im dröhnenden Discosound unterging.
Hinweis der Redaktion: Was Marktstandler und Kundinnen vom Umbau des Hannovermarkts halten, sehen Sie auch hier auf Instagram.
Naz Küçüktekin hat journalistische Erfahrungen unter anderem bei Kurier, Profil und Biber gesammelt. Sie lebt in der Brigittenau hat mehrere Preise gewonnen, unter anderem den Wiener Journalismus-Gesundheitspreis.