Das Denkmalamt stellt das markanteste Gebäude der Brigittenau unter Schutz. Kann das der Eigentümer mit einer Beschwerde noch verhindern?
Text: Naz Küçüktekin

Es ist von weithin sichtbar und mit seinen weißen Türmen und den bläulichen Fensterscheiben wohl das markanteste Gebäude des 20. Bezirks. Doch das frühere Verwaltungszentrum der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) an der Adalbert-Stifter-Straße steht seit 2021 leer. Damals zog die AUVA in die Twin Towers am Wienerberg – wegen baulicher Mängel, hoher Energiekosten und teurer Brandschutzauflagen am alten Standort.
Stillstand um 1,5 Millionen Euro
Eine Sanierung des Gebäudes sei nicht vertretbar, hieß es. Seither kostet der Stillstand jährlich rund 1,5 Millionen Euro und sorgt wiederholt für Debatten (wir berichteten). Denn was tun mit dem kolossalen Gebäude? Wohnbau? Abriss? Oder unter Denkmalschutz stellen?
Für das Bundesdenkmalamt ist die Entscheidung klar. Nach einem längerem Prüfungsverfahren, entschied sie, nun das Bauwerk unter Schutz zu stellen. Der Bescheid erklärt das gesamte Forschungs- und Verwaltungszentrum, samt Freiflächen und der Skulptur von Oskar Höfinger, zum Denkmal. Begründet wird das mit seiner „geschichtlichen, künstlerischen und kulturellen Bedeutung“. Die 1976 fertiggestellte AUVA-Zentrale von Architekt Kurt Hlaweniczka und Bauingenieur Kurt Koss gilt als markantes Beispiel der österreichischen Nachkriegsmoderne und erstes seiner Art.
„Wirtschaftlich nicht zumutbar”
Die Eigentümerin sieht das anders. Die AUVA hat fristgerecht eine Beschwerde gegen den Bescheid eingebracht. Sie muss nun vom Bundesverwaltungsgericht entschieden werden.
In der Beschwerde heißt es: das Gebäude sei nicht schutzwürdig und wirtschaftlich nicht zumutbar zu erhalten. Eine Unterschutzstellung würde, so die AUVA, einen Schaden in Millionenhöhe verursachen und Mittel entziehen, „die der Versichertengemeinschaft zugutekommen könnten“.
Expert:innen bleiben anonym
Ihre Argumentation stützt die AUVA auf Stellungnahmen von Architekturexpert:innen. Wer diese sind, unter welchem und wessen Auftrag sie diese Stellungsnahmen verfasst haben, sowie was deren zentralen Punkte sind, will die AUVA allerdings nicht offenlegen.. Auf Nachfrage teilt sie mit, dass aufgrund des laufenden Verfahrens derzeit keine Auskünfte erteilt werden können.

Während das Gericht über den Denkmalschutz verhandelt, schafft die Stadt Wien bereits planerische Tatsachen. Der Gemeinderat hat im Oktober die Flächenwidmung für das Areal beschlossen, die künftig Wohnnutzung ermöglicht. NEOS-Gemeinderätin Selma Arapovic sprach von einem „Projekt mit Signalwirkung für die Brigittenau“.
Stadt Wien will abwarten
Die Grünen stimmten dagegen. Gemeinderätin Heidemarie Sequenz kritisierte, dass kein geförderter Wohnbau vorgesehen sei, und verwies auf die ablehnende Haltung des Bezirksparlaments. SPÖ-Gemeinderat Filip Worotynski betonte, dass noch keine konkreten Pläne vorliegen und das Denkmalschutzverfahren abzuwarten sei.
Wie lange das Bundesverwaltungsgericht für seine Entscheidung brauchen wird, ist noch nicht absehbar. Damit bleibt die Zukunft der ehemaligen AUVA-Zentrale weiterhin offen.
Naz Küçüktekin hat journalistische Erfahrungen unter anderem bei Kurier, Profil und Biber gesammelt. Sie lebt in der Brigittenau hat mehrere Preise gewonnen, unter anderem den Wiener Journalismus-Gesundheitspreis.









