Öffis im 2. und 20. Bezirk: Zwischen S-Bahn-Sperre und Bim-Ausbau
Demnächst bekommen Leopoldstadt und Brigittenau eine neue Straßenbahn. Gleichzeitig werden bestehende Linien immer langsamer. Und nun kommen neue Baustellen hinzu. Ein Überblick.
Text: Bernhard Odehnal
In den nächsten Monaten wird es für die Fahrgäste zwischen Donaukanal und Donau ordentlich ruckeln. Die S-Bahn wird modernisiert und dafür wieder mal acht Wochen lang gesperrt. Der Bau der neuen Straßenbahnlinie 12 geht in die Endphase, die Verlängerung der Linie 18 beginnt. Gleichzeitig bremsen Staus, Falschparker, kaputte Gleise und rote Ampeln die bestehenden Linien aus – ohne dass hier kurzfristig Verbesserungen in Sicht sind. Wir zeigen, was sich tut – und wo es noch hakt.

S-Bahn-Sperre: Keine Züge zwischen Praterstern und Floridsdorf
Die größte Herausforderung für Öffi-Benutzer werden diesen Sommer wieder die Bauarbeiten an der S-Bahn-Stammstrecke. Weil die ÖBB Bahnsteige erweitern, Gleise erneuern und ein digitales Zugleitsystem einführen, fahren im Juli und August keine Züge zwischen Praterstern und Floridsdorf.
Die ÖBB bieten einen Schienenersatzverkehr mit zwei Linien an: Vor dem Prater-seitigen Ausgang des Bahnhofs Praterstern warten Busse, die direkt nach Floridsdorf fahren. Etwas abseits, vor der Wirtschaftskammer, ist die Haltestelle der Busse zu den Stationen Traisengasse und Handelskai. Nähere Informationen gibt es auf der Webseite der ÖBB. Die Bauarbeiten auf der S-Bahn-Stammstrecke werden noch bis 2027 andauern.
Linie 5: Ärger über kurze Züge und kaputte Gleise
Vor dem Bahnhof Praterstern fahren die Züge der Linie 5 Richtung Brigittenau und weiter zum Westbahnhof ab. In den Hauptverkehrszeiten ist diese Linie besonders stark frequentiert. Trotzdem fahren hier seit einiger Zeit nur mehr kurze Niederflurzüge (ULFs) mit 42 statt 66 Sitzplätzen und deutlich weniger Stehplätzen. Das Ergebnis ist – wenig überraschend – überfüllte Bims und verärgerte Fahrgäste.
Lange ULFs fahren statt auf der Linie 5 jetzt auf der Linie 33, wo sie aber nicht gebraucht werden. Über die Gründe für diesen seltsamen und eher kundenfeindlichen Tausch der Züge hüllen sich die Wiener Linien in Schweigen.

Die Linie 5 hat ein weiteres Problem: Die Gleise in der Leopoldstadt und der Brigittenau sind teilweise so kaputt, dass die Züge extrem langsam fahren müssen (siehe Karte). So schleichen sie über die kerzengeraden Rauscherstraße mit 25 und teilweise sogar mit nur 10km/h. Die Reparatur der Gleise sei „in der langfristigen Sanierungsplanung berücksichtigt“, teilen die Wiener Linien mit. Einen Zeitplan gibt es nicht.
Rote Ampeln und marode Weichen
Langsam fahren auf einzelnen Abschnitten im 2. und 20. Bezirk auch die Züge der Straßenbahnlinien 2 und 31, sowie die U 2 und die U 6. Schuld daran sind vor allem ältere Weichen, die erneuert werden müssten. Auch dafür gibt es keinen Zeitplan.
Solche sogenannten „Langsamfahrstellen“ verzögern die Fahrt der Bim allerdings noch weniger als die zahlreichen roten Ampeln. Die Straßenbahn muss an vielen Kreuzungen unnötig warten, weil der Autoverkehr nicht behindert werden soll. Zum Beispiel die Linien 5 und O bei der Ein- und Ausfahrt vom Praterstern. Oder die Linien O, 2 und 31 vor und auf den Donaukanalbrücken.
„Bei der Bevorrangung der Öffis steht die Stadt Wien gerade erst am Anfang.“
(Verkehrsplaner Ulrich Leth)
„Von den in Stadtentwicklungsplänen versprochenen ‚Halten nur an den Haltestellen‘ sind wir unendlich weit entfernt“, sagt Ulrich Leth, Verkehrsplaner an der TU Wien: „Bei der Bevorrangung der Öffis steht die Stadt Wien gerade erst am Anfang.“
Die Wiener Linien versprechen nun eine Beeinflussung der Ampelschaltungen am Praterstern und bei der Marienbrücke, damit die Bim „flüssiger vorankommt“.
Linie 2: Längere Fahrzeit als Rezept gegen Verspätungen
12 Kilometer lang ist die Strecke der Linie 2 von Dornbach zum Friedrich-Engels-Platz. Mit 34 Haltestellen. Der Zweier gehört damit zu den längsten Straßenbahnlinien in Wien. Und zu den problematischsten. Falsch parkende Autos, Staus oder ein Müllwagen auf den Gleisen sorgen täglich für beträchtliche Verspätungen.
In der Leopoldstadt werden die Züge häufig zum Praterstern kurzgeführt. Das bedeutet für den Brigittenauer Ast des Zweiers, dass dort sehr lange überhaupt nichts fährt. Die Wiener Linien haben nun angekündigt, die Linie 2 verlässlicher zu machen. Aber nicht durch die Beseitigung von Hindernissen. Sondern durch die Verlängerung der Fahrzeit.

In Zukunft werden die Züge bei der Haltestelle Schwarzenbergplatz fahrplanmäßig eine Pause von zwei Minuten einlegen. Kommt ein Zug zu spät an, ist die Pause entsprechend kürzer. Die Stehzeit sei sinnvoll, damit die Züge „anschließend pünktlich in den nächsten Abschnitt weiterfahren“, erklären die Wiener Linien.
Allerdings: Sind die Züge pünktlich unterwegs (auch das kommt ja manchmal vor), dann müssen sie mitsamt ihren Fahrgästen zwei Minuten lang an der Ringstraße warten. Und die Fahrtzeit wird damit noch länger.
Linie 5 B: Zu kurze Busse, zu lange Intervalle
Praterstern, ein beliebiger Werktag nach 16 Uhr: Schülerinnen und Schüler, Mütter mit Kinderwägen, Bauarbeiter: Alle drängen in den wartenden Bus der Linie 5 B. Platz ist keiner mehr, aber immer noch quetschen sich Menschen hinein. Denn wer weiß, wann der nächste Bus kommt. In 15, vielleicht 20 Minuten?
Der 5 B fährt quer durch die Leopoldstadt und die Brigittenau, und ähnlich wie bei der Bimlinie 5 werden auf dem 5 B zu kurze Fahrzeuge in zu langen Intervallen eingesetzt. Noch dazu haben die Wiener Linien den Betrieb dieser Linie an einen privaten Betreiber ausgelagert. Und dessen Busse haben nur zwei statt drei Türen. Was die Aufenthalte in den Stationen verlängert und zu noch mehr Drängerei im Wageninneren führt.
Linie 12: Eine neue Bim in Zwischenbrücken
In der Leopoldstadt wird derzeit intensiv an der Fertigstellung der neuen Linie 12 gearbeitet. Sie wird – so wie heute die Linie 33 – von der U 6 Station Josefstädterstraße durch den 8. und 9. Bezirk bis zur Wallensteinstraße, über die Jäger- und die Stromstraße zum Höchstädtplatz und von dort über die Dresdner Straße ins Nordbahn- und weiter ins Stuwerviertel fahren.

Dass die Straßenbahn bei der Hillerstraße im Öffi-Niemandsland endet und nicht noch die 800 Meter bis zur U-2-Station Krieau geführt wird, stößt auf viel Kritik. Die Wiener Linien sagen hingegen, die Verlängerung wäre zu teuer gekommen. Die Eröffnung der neuen Bim-Linie ist für Herbst 2025 geplant.
Linie 33: Öffi-Stau in der Wallensteinstraße
Obwohl die zukünftige Linie 12 praktisch dieselbe Strecke fahren wird wie die heutige Linie 33, soll der 33er auch weiterhin fahren – zwischen Friedrich-Engels-Platz und Augasse (hinter dem Franz-Josefs-Bahnhof). Das war offenbar der Wunsch der Bezirksvorstehung Brigittenau.
Damit werden ab Herbst auf einem Teil der Wallensteinstraße drei Straßenbahnlinien fahren: 5, 12 und 33. Ob es dafür wirklich Bedarf gibt, ist fraglich. Außerdem würden sich die Wartezeiten an den Ampeln dann noch verlängern. Verkehrsplaner Ulrich Leth hält deshalb drei Linien auf diesem Abschnitt für „nicht sinnvoll“. Ein Tramway-Stau in der Wallensteinstraße und damit längere Fahrzeiten scheinen vorprogrammiert.

Wenn die Linie 12 einmal nicht mehr rund um den Nordwestbahnhof herum, sondern auf der Wallensteinstraße direkt durch den neuen Stadtteil durchfahren wird, soll stattdessen eine neue Linie 29 vom Friedrich-Engels-Platz über die Jägerstraße und die Obere Augartenstraße bis zum Schwedenplatz fahren. Das dürfte den Bus 5B entlasten (siehe oben). Der Bau dieser Linie kann aber frühestens in fünf Jahren beginnen.
Linie 18: Mit der Straßenbahn durch den grünen Prater
Nicht mehr so viel Zeit wird bis zur Verlängerung der Linie 18 vergehen. Spätestens im Herbst 2026 soll der Achtzehner von Erdberg über die Stadionbrücke und die Stadionallee quer durch den grünen Prater zum Stadion und weiter zum Handelskai fahren.
Noch immer protestieren Kleingärtner entlang der Stadiongasse gegen die Bim, weil sie um ihre Parkplätze fürchten. Aber dieser Zug ist abgefahren. Mittlerweile ist die Stadiongasse wegen der Vorarbeiten für den Gleisbau nur mehr eingeschränkt befahrbar. Der Bus 77A, der von Erdberg bis zum Lusthaus fährt, wird über die Tangente umgeleitet.
Bernhard Odehnal lernte Journalismus bei der Stadtzeitung „Falter“ und war danach als Korrespondent und Reporter für österreichische und Schweizer Medien tätig. 2025 kehrt er mit der Gründung von „Zwischenbrücken“ in den Lokaljournalismus zurück. Er lebt in der Leopoldstadt.